Unsere Kreistagsfraktion der Freien Wähler Elbe-Elster hat eine Bürgerumfrage zur Situation des Elbe-Elster Klinikums durchgeführt.
Ziel war es, ein klares Bild davon zu erhalten, wie Bürgerinnen, Bürger und Mitarbeitende die aktuelle Entwicklung einschätzen – insbesondere im Hinblick auf die geplante Zentralisierung und die Zukunft der medizinischen Versorgung im Landkreis.
Zukunft des Elbe-Elster Klinikums – Bürger fordern wohnortnahe Versorgung statt Zentralisierung
Mit insgesamt 548 Teilnehmenden bietet diese Bürgerumfrage ein gutes Meinungsbild zur künftigen Ausrichtung des Elbe-Elster Klinikums. Die Ergebnisse sind deutlich: Die Menschen im Landkreis lehnen das geplante Zentralklinikum mit großer Mehrheit ab. Sie fordern stattdessen den Erhalt und Ausbau der bestehenden Häuser, wohnortnahe Notfallversorgung, fachliche Qualität – und echte politische Verantwortung.
Schlechte Informationslage und fehlende Bürgerbeteiligung
Nur rund 24 % der Befragten fühlen sich gut oder sehr gut über die geplanten Veränderungen (wie das „3+1“-Modell) informiert. Über 72 % der Teilnehmenden empfinden sich als schlecht oder gar nicht informiert – ein alarmierender Wert, der durch die Bewertung des Entscheidungsprozesses untermauert wird: Nur rund 11 % halten ihn für transparent. Die große Mehrheit beschreibt ihn als „kaum“ oder „nicht transparent“.
Fast drei Viertel (74 %) geben an, dass sie als Bürgerinnen und Bürger nicht einbezogen oder gehört wurden. Die Umfrage zeigt damit ein massives Kommunikationsdefizit – und ein tiefes Misstrauen gegenüber dem bisherigen Verfahren wofür u.a. der Landrat (CDU) verantwortlich ist.
Politische Verantwortung unter Beschuss
Die Bewertung der politischen Verantwortung fällt ähnlich kritisch aus:
Nur 14,6 % der Befragten halten das politische Handeln für verantwortungsbewusst. 36,5 % empfinden es als unausgewogen, fast 30 % als parteipolitisch motiviert. Diese Einschätzungen belegen: Das Vertrauen in die politischen Entscheidungsträger im Landkreis Elbe-Elster ist in weiten Teilen der Bevölkerung erschüttert.
Klare Ablehnung der Klinikzentralisierung
Die Entscheidung, einen Klinikneubau anzustreben, halten 56,6 % der Befragten für falsch. Lediglich 24 % stehen hinter diesem Vorhaben. Noch deutlicher ist das Votum bei der Frage nach der besten Lösung für die künftige Klinikstruktur:
- 45,6 % fordern den Erhalt und die Erweiterung aller drei Klinikstandorte,
- nur 9,8 % unterstützen die Idee eines vollständig zentralisierten Neubaus.
Die Bürgerinnen und Bürger lehnen eine Zentralisierung damit mit überwältigender Mehrheit ab. In zahlreichen Freitextantworten wurde das Projekt als „Prestigevorhaben“ oder als „ideologisch durchgeboxt“ kritisiert – ohne Rücksicht auf Bevölkerung, Personal und Realität im ländlichen Raum.
Anforderungen an eine gute Gesundheitsversorgung
Gefragt nach ihren Prioritäten, nennen 93 % der Befragten die medizinische Qualität als entscheidenden Faktor. 83 % betonen die schnelle Erreichbarkeit, 77 % die Versorgung rund um die Uhr. Auch menschliche Faktoren wie freundliches Personal (63 %) und moderne Ausstattung (58 %) spielen eine wichtige Rolle.
Besonders relevant: Über 90 % wünschen sich eine stationäre medizinische Versorgung innerhalb von 30 Minuten Fahrzeit. Diese Forderung widerspricht der geplanten Zentralisierung in einem einzigen Standort fundamental.
Fehlende Fachbereiche und medizinische Wünsche
Viele Menschen im Landkreis weichen heute schon auf Kliniken außerhalb der Region aus – meist, weil bestimmte Fachbereiche fehlen bzw. rar sind oder das Vertrauen in die Versorgung fehlt. Am häufigsten vermisst werden:
- Kardiologie (45 %)
- Neurologie (33 %)
- Urologie, Schmerztherapie, Kinder- und Jugendmedizin (je ~30 %)
Dutzende Freitextantworten fordern konkret: Geburtshilfe, HNO, Augenheilkunde, Onkologie, Herzkatheterzentren, schnellere Diagnostik – und vor allem: ausreichend Personal.
Zufriedenheit mit der Notfallversorgung
Rund 46 % sind mit der Notfallversorgung „eher zufrieden“, aber über 28 % äußern Unzufriedenheit. In den Kommentaren wird auf lange Wartezeiten, unzureichende Erreichbarkeit und Personalengpässe hingewiesen.
Meinung der Klinikbeschäftigten
13,9 % der Umfrageteilnehmenden sind oder waren selbst Mitarbeitende des Klinikums. Ihre Einschätzungen sind teilweise erschütternd:
Viele berichten von Unsicherheit, Überlastung, fehlender Kommunikation und fehlender Perspektive.
Die Personalpolitik wird vielfach als planlos, intransparent oder ungerecht empfunden.
Es herrscht die Angst, dass durch das Projekt 3+1 Personal gezielt „verschlissen“ oder „verlagert“ werde, um den Neubau durchzusetzen.
Wörtlich heißt es unter anderem:
„Fassungslosigkeit, weil die Grundversorgung mutwillig aufs Spiel gesetzt wird.“
„Fachkräfte gehen, weil sie keine Zukunft sehen.“
„Keiner spricht mit dem Personal – Entscheidungen kommen von oben.“
„Das Vertrauen ist restlos verspielt – bei Personal und Bevölkerung.“
Fazit: Ein klares Votum der Bevölkerung
Die Bürgerinnen und Bürger – ebenso wie viele Beschäftigte des Klinikums – senden eine deutliche Botschaft:
- Nein zur Zentralisierung!
- Ja zum Erhalt aller Standorte!
- Ja zu einer Versorgung, die erreichbar, menschlich und qualitätsorientiert ist.
Die politisch Verantwortlichen sind jetzt in der Pflicht, zuzuhören. Die Ergebnisse dieser Umfrage lassen keinen Zweifel: Die derzeitige Planung ist gesellschaftlich nicht mehr vermittelbar. Was gebraucht wird, ist ein ehrlicher Neuanfang, getragen von Verantwortung, Transparenz und echter Beteiligung.
Statement von Ronny Zierenberg, Fraktionsvorsitzender der Freien Wähler Elbe-Elster:
„Die Ergebnisse dieser Umfrage sind ein unmissverständlicher Weckruf. Die Menschen im Landkreis wollen keine Klinikzentralisierung, keine langen Anfahrtswege und kein Prestigeprojekt auf Kosten der wohnortnahen Versorgung.
Sie wollen sichere, erreichbare Krankenhäuser, echtes Vertrauen in die politische Führung und eine medizinische Grundversorgung, auf die man sich verlassen kann.
Wer jetzt weiter an den Bürgern und den Beschäftigten vorbeiplant, gefährdet nicht nur die Gesundheit der Bevölkerung, sondern verspielt auch endgültig das Vertrauen in die Politik.
Daraus kann es nur eine logische Konsequenz geben: Weg mit Oberender, weg mit dem 3+1-Modell!
Stattdessen brauchen wir eine zukunftsfähige Lösung für unsere bestehenden Häuser – eine Lösung, die Vertrauen schafft, die Menschen einbindet und dringend benötigtes Fachpersonal hält, anstatt es zu vergraulen.“