Am 07.04.2025 tagte der Kreistag Elbe-Elster und behandelte unter anderem zwei Beschlussvorlagen zur zukünftigen Ausrichtung der Kliniklandschaft im Landkreis.
Zwei Anträge – einer als Reaktion auf unseren
Wir hatten fristgerecht und somit geschäftsordnungskonform einen Antrag eingereicht, der eine unabhängige Prüfung der bestehenden Krankenhausstandorte in Herzberg, Elsterwerda und Finsterwalde fordert. Diese Variante wurde in den letzten Jahren kaum betrachtet, obwohl sie aus unserer Sicht die naheliegendste Lösung ist – gerade bevor man einen finanziell bislang völlig ungesicherten Klinikneubau plant und damit eine Verschlechterung der medizinischen Versorgung im ländlichen Raum riskiert.
Der zweite Antrag wurde vom Fraktionsbündnis CDU/Hz, SPD/Grüne/FDP und BVG eingebracht – nach eigenen Aussagen (Joachim Pfützner, BVG) allein mit dem Ziel, unseren Antrag zu verhindern. Der Geschäftsführer soll beauftragt werden, Mittel aus dem Transformationsfonds des Bundes einzuwerben – obwohl der Fonds ausdrücklich auch für die Erweiterung bestehender Kliniken genutzt werden kann. Dies wurde im Antrag aber explizit ausgeschlossen – für einige offensichtlich unverständlich, aber offenbar nicht für alle Abgeordneten.
Aussprache im Kreistag – Entscheidungsdruck statt Informationslage
Das Fraktionsbündnis argumentierte mit Entscheidungsdruck: Nach jahrelanger Diskussion müsse nun endlich gehandelt werden. Aus unserer Sicht mangelt es jedoch weiterhin an fundierten Informationen. Wir haben klar benannt, dass der gesamte Prozess – insbesondere unter der Leitung des Landrats und seines Beigeordneten – aus unserer Sicht katastrophal läuft. Die Informations- und Kommunikationspolitik ist ein Desaster. Auch die Verlässlichkeit einiger Abgeordneter haben wir infrage gestellt – Beliebigkeit ersetzt hier Verlässlichkeit, was berechtigterweise zu Frust bei den Wählerinnen und Wählern führt. Aber nach der Wahl sind es meist genau diese Abgeordneten, die sich über Ergebnisse wundern.
Unsere Argumente für eine unabhängige Prüfung
Die bisherige Zielrichtung wurde von einer Beratergesellschaft vorgegeben, deren Empfehlung – ein Klinikneubau – seit zwei Jahren von Landrat und Klinikleitung verfolgt wird. Laut dieser Berater sei ein wirtschaftlicher Betrieb künftig nur noch mit mindestens 300 Betten möglich – ein Argument, das sie auch bei anderen Projekten in Deutschland ins Feld führten. Würde dieses Argument auf alle Kliniken in Deutschland angewendet, wären etwa 1.300 von 1.800 Häusern nicht zukunftsfähig. Als wir das anmerkten, warf uns Herr Pfützner (BVG) sachlich-fachliche Fehler vor – mit der Behauptung, die 300-Betten-Regel würde nur für Elbe-Elster gelten. Ein deutliches Zeichen, dass er offensichtlich falsch informiert ist.
Zudem fehlt uns das Vertrauen in eine Beratergesellschaft, die beispielsweise zur Mitarbeiterführung des damaligen Geschäftsführers ein "überdurchschnittlich gut" attestierte – entgegen allen Rückmeldungen aus der Belegschaft. Kritik an der Personalführung wurde damals von Landrat und Pfützner als "Einzelfälle" abgetan.
Auch die aktuellen Argumente des neuen Geschäftsführers sind fragwürdig: Er begründet die wirtschaftlichen Schwierigkeiten unter anderem mit dem Fehlen von Fachbereichen wie Geriatrie, Urologie oder Palliativmedizin. Warum diese Bereiche nicht an bestehenden Standorten etabliert wurden bzw. werden, bleibt sein Geheimnis. Ein Anbau wurde offenbar nie ernsthaft erwogen. Stattdessen ließ er die für viel Geld eingerichtete Station 4 in Finsterwalde zum Bürotrakt umbauen – für sich selbst. Aber angeblich fehlt der Platz für medizinische Angebote.
Bündnis fühlt sich angegriffen – und wie geht es weiter?
Selbstverständlich wollten die Antragsteller des Bündnisantrags keine Kritik an ihrem Vorgehen oder der wechselhaften Haltung einzelner Abgeordneter hören. Doch genau das ist unsere Aufgabe – Missstände klar zu benennen. Dass dies als unsachlich empfunden wird, nehmen wir in Kauf. Ein Finanzierungsplan oder tragfähige Konzepte zur Ausgestaltung der bisherigen Standorte wurden jedenfalls nicht präsentiert.
Eines der Hauptargumente für die Zentralisierung: Es gebe nicht genug Ärzte, um drei Notaufnahmen zu erhalten. Umso absurder ist die Aussage von Herrn Loos (CDU), man könne in den drei alten Häusern ja dennoch eine Notfallversorgung aufrechterhalten. Das widerspricht der bisherigen Argumentation komplett. So viel Ahnungslosigkeit ist schlicht erschreckend. Man beschließt den Kahlschlag – und glaubt ernsthaft, die Notfallversorgung bleibe unbeeinträchtigt.
Abstimmung – Finsterwalder Abgeordnete stimmen für Neubau
Mit 28 Ja- zu 19 Nein-Stimmen wurde der Antrag des Fraktionsbündnisses zum 3+1-Modell beschlossen. Besonders enttäuschend: Auch die Finsterwalder Abgeordneten Dr. Astrid Knöfel (SPD), Andreas Holfeld (CDU), Gerhard Strauß (Grüne) und Marco Müller (BVG) stimmten für den Neubau – und damit gegen die Interessen vor Ort sowie gegen frühere Aussagen. Hoffentlich nehmen die Wählerinnen und Wähler dies zur Kenntnis.
Unser Antrag zur unabhängigen Prüfung wurde mit 23 Nein-, 21 Ja-Stimmen und 2 Enthaltungen abgelehnt. Dabei wäre es durchaus möglich gewesen, beide Anträge umzusetzen. Doch auch hier verhinderten – mit Ausnahme von Marco Müller – die Finsterwalder Abgeordneten eine ernsthafte Prüfung der bestehenden Standorte.
Beschlossene Vorlage: Klinikneubau – und erst bei Scheitern Rückkehr zum Alten
Die nun beschlossene Vorlage sieht die Umsetzung des 3+1-Modells vor – eine Planung und Beantragung von Mitteln, die einzig auf ein Zentralkrankenhaus ausgelegt sind. Erst wenn dieses Modell scheitert, soll wieder über die alten Strukturen nachgedacht werden. Eine riskante Strategie – auf dem Rücken der Menschen im Landkreis.
Kuriositäten der Sitzung
👉 Der Antrag des Fraktionsbündnisses wurde nicht geschäftsordnungskonform eingereicht – nämlich nur 4 statt der vorgeschriebenen 14 Tage vorher. Eine objektive Dringlichkeit wurde weder begründet noch durch den Kreistag separat beschlossen – wie es lt. Geschäftsordnung aber vorgesehen ist.
👉 Bei der namentlichen Abstimmung stimmte eine CDU-Abgeordnete stellvertretend für eine Fraktionskollegin ab, die gar nicht im Raum war. Die Stimme wurde später für ungültig erklärt – aber der Vorgang spricht Bände.
Ronny Zierenberg enttäuscht vom Ergebnis – und mit Blick in eine ungewisse Zukunft
„Wir führen die bestehenden Standorte zur Schlachtbank, treiben Planung und Mittelakquise ausschließlich für ein Zentralkrankenhaus voran – und falls das Ganze scheitert, ziehen wir die alten Strukturen wieder aus dem Fleischwolf und schauen, was sich noch irgendwie retten lässt. Eine absurde Logik – riskant, kurzsichtig und mit hoher Wahrscheinlichkeit auf dem Rücken der Menschen im Landkreis ausgetragen.
Wir sind enttäuscht, dass man sich bei dieser weitreichenden Entscheidung ausschließlich auf die Einschätzung einer nicht unumstrittenen Beratergesellschaft verlässt – ohne den bisherigen Klinikstandorten und den dort engagierten Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern auch nur die Chance einer ernsthaften Prüfung einzuräumen.
Die Bürgerinnen und Bürger haben eine ehrliche, nachvollziehbare und transparente Entscheidung verdient – keine Placebo-Beschlüsse und Abgeordnete, die vor Beliebigkeit strotzen.
Hier geht es aber vor allem um Verlässlichkeit, Verantwortungsbewusstsein und Respekt. Doch leider zeigt sich: Verlässlichkeit gibt es nur noch bei sehr wenigen.“
Ergebnisse der namentlichen Abstimmung:
Für den Neubau stimmten:
Für unseren Antrag zur unabhängigen Prüfung der bisherigen Standorte (ohne Betrachtung eines Neubaus) stimmten: