Mit gehöriger Enttäuschung nimmt BVB / FREIE WÄHLER den Koalitionsvertrag zwischen SPD, CDU und Grünen zur Kenntnis. Er ist Ausdruck eines machtorientierten Vorgehens unter Aufgabe zentraler Wahlversprechen und des mangelnden Anpackens drängender landespolitischer Themen.
In keiner Weise nachvollziehbar ist, dass keine Lösung des Altanschließer-Problems angeboten wird. Während die CDU das Thema im Zeitkorridor der letzten drei Jahre phasenweise für sich entdeckte, schweigt sie hierzu nun. Angesichts der weiterhin gegebenen Betroffenheit von etwa 100.000 Haushalten ist dies ein untragbarer Zustand. Die Menschen warten zurecht auf politische Lösungen im Sinne sozialen Friedens.
Zu kurz kommt nach Auffassung von BVB / FREIE WÄHLER das für Brandenburg bedeutende wie brisante Kapitel BER. Die Ankündigung, man wolle ein längeres Nachtflugverbot am BER realisieren, ist solange nicht glaubhaft, bis kein klares Bekenntnis zur Kündigung des Landesentwicklungsplanes mit Berlin abgelegt wird. Die in Aussicht gestellte „kritische Prüfung“ erweist sich als Formelkompromiss. Ebenso abzulehnen ist die weitergehende Finanzierung aus Landesmitteln. Ein wirtschaftlicher Betrieb des BER ist nicht in Sicht und deshalb bleibt er bis zum Beweis des Gegenteils durch die Offenlegung von Businessplänen ein Fass ohne Boden. Zudem vermissen wir eine verbindliche Aussage zum Schallschutz. Die Kenia-Koalition lässt die Chance ungenutzt, den Anspruchsberechtigten die belastbare Zusage zu geben, dass die Fingerhakeleien der Vergangenheit ein Ende haben und sie nicht mehr den Weg über die Gerichte gehen müssen. Angesichts des Masterplans 2040 mit einer geplanten Abfertigungskapazität von nahezu 60 Millionen Passagieren droht zudem eine 3. Start- und Landebahn.
Im Sinne der tatsächlichen Herstellung gleichwertiger Lebensverhältnisse wäre es nötig, Infrastrukturmaßnahmen deutlich beherzter anzugehen. Zahlreiche avisierte Taktverdichtungen wurden schon in der Vergangenheit wortgleich versprochen. Doch schon die Grundannahme ist fehlerhaft: Der Wohnungsbau muss nicht bloß am Berliner Rand gefördert, sondern durch die zielgerichtete Schaffung von kreislichen Genossenschaften auch in berlinfernen Regionen ermöglicht werden.
BVB / FREIE WÄHLER fordert zudem, das Landesamt für Umwelt einer Rechtsaufsicht durch das Justizministerium zu unterstellen. Aufgrund der parteipolitischen Zuordnung des Umweltministeriums ist eine extensive Erteilung von Windkraftgenehmigungen zu befürchten. Der ökologisch und ökonomisch nicht sinnvolle weitere Ausbau auf 10.500 Megawatt muss einer Fach- und Rechtsaufsicht unterstellt werden. Abstände von 1.000 Metern sind angesichts der größer gewordenen Anlagen keine Lösung. Zudem ist ein weiterer Zubau von Wäldern und entlang von Naturschutzgebieten zu erwarten – das lehnen wir ab.
Der Vorschlag zu einer Kreditaufnahme von 1 Milliarde Euro, um ein Investitionspaket zu schnüren, ist angesichts der Zinslage, des Länderanleihenankaufprogramms der Europäischen Zentralbank und der sinkenden Investitionsquote der richtige Weg. Dabei erinnern wir daran, dass BVB / FREIE WÄHLER dies bei jeder Haushaltsdebatte der letzten Jahre gefordert hat und dabei vor allem von CDU und Grünen auf Unverständnis stieß. Vielleicht zeigt dieses Beispiel, dass es geboten erscheint, Vorschläge der Opposition in Zukunft auf fachliche Eignung statt auf parteipolitische Opportunität zu überprüfen.
Enttäuschend ist zugleich, dass kaum Schritte hin zu mehr direktdemokratischer Beteiligung gegangen werden. Brandenburg ist Schlusslicht in Sachen Bürgerentscheiden und Volksbegehren. Es bräuchte eine Entschlackung des Ausschlusskatalogs und eine Erleichterung der Sammlung für Initiativen.
Mehr als fragwürdig ist auch die beabsichtigte Einrichtung von sog. Regionalkoordinatoren. Brandenburg hat 14 Landräte und 4 Oberbürgermeister, die die Interessen ihrer Region/Stadt gegenüber der Landesregierung in Abstimmung mit den Kreistagen und Stadtverordnetenversammlungen nachdrücklich vertreten sollen. Hier droht zukünftig ein Zuständigkeitswirrwarr.
BVB / FREIE WÄHLER wird in der Wahlperiode jeden Vorschlag der Regierung auf seine Brandenburg-Tauglichkeit überprüfen und stets nach sachlichen Kriterien Zustimmung oder Ablehnung prüfen. Dabei setzen wir auf die Chance, auch eigene konstruktive Vorschläge durchbringen zu können.